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Hans Auer, Kogelstraße 10, 83404 Hammerau

Plattln bei volkstümlichen Abenden

Im Auftrag des Gauausschusses möchte ich hiermit zum Plattln bei volkstümlichen  Veranstaltungen Stellung nehmen. Die folgenden Zeilen sollen zum Nachdenken, zur Meinungsbildung und zum Gespräch darüber anregen.
Stellen wir also zunächst folgende Frage: “Läßt sich das Plattln bei volkstümlichen Veranstaltungen mit den Leitlinien und Aufgaben der Mitglieder in Trachtenverbänden rechtfertigen oder nicht”.

        I. Zunächst einer der Einleitungssätze aus der Satzung des Gauverbandes 1, § 2, Zweck und    Aufgaben.
            Hier heißt es u.a.:

Die Aufgaben des Gauverbandes 1 umfassen im Besonderen: die natürlichen (1)  und geschichtlichen Eigenarten des oberbayerischen Volkes in seinen guten Sitten und eines christlichen Menschenbildes (2), in seinem Brauchtum, Volkstanz, Volkslied, Volksmusik (3), Mundart, Laienspiel (4) und anderer kultureller Eigenarten im Gaubereich zu pflegen und zu erhalten;

Vergleichen wir nun die mit 1-4 bezeichneten  Aufgaben mit dem Erscheinungsbild und den Aufgaben der volkstümlichen Musikanten und ihrer Musik, so können wir folgendes feststellen:

zu 1, der Natürlichkeit: das natürliche Erscheinungsbild ist hier nicht mehr gewahrt, man muß für das Bühnenlicht “hergerichtet” werden, geschminkt oder sonst aufgetakelt, die Natürlichkeit ist nicht mehr da, es wird nur noch gelächelt (nur möglich, weil Playback musiziert wird), die Vorführungen arten oft in “Show” aus, man spricht von Bühnenshow.

zu 2, dem christlichen Menschenbild: die Verbindung der Zugehörigkeit eines Trachtenvereins mit dem christlichen Menschenbild (Gottesdienst Höhepunkt bei Festen, Trachtenwallfahrt usw.) ist nicht gegeben, jeder kann leben wie er will, das Privatleben kann ganz im Gegensatz zum Dargebotenen stehen, so kann z. B. ein absoluter Atheist Lieder mit religiösem Inhalt singen (Kircherl, Madonna usw.)

zu 3, dem Volkslied und der Volksmusik: zunächst einige Wesensmerkmale der Volksmusik:
Sie ist wichtiger Bestandteil unserer Kultur, ist nicht für die große Masse geeignet da sie Qualität hat.
Das Volkslied paßt sich der Jahreszeit an, es ist im Inhalt gehaltvoller, auch zeitkritisch (Gstanzl).
Volksmusik ist landschaftsgebunden, jede Region hat ihre musikalischen Besonderheiten.
Der Mensch steht mehr im Mittelpunkt, das Musizieren zur eigenen Freude, im Familienkreis, das freie Spiel ist wichtig, es ist  keine Technik notwendig, die Art der Darbietung ist einfach und schlicht. Aus der Volksmusik schöpften schon die großen Komponisten und ihre Wichtigkeit erkannten schon bald Professoren.

Dagegen ist die volkstümliche Musik eine ganz andere Musikrichtung, in der es jedoch Einflüsse unserer Volksmusik gibt. Im Großen und Ganzen ist es unterhaltende Schlagermusik in der es in erster Linie um Erfolge geht.

Diese Musik braucht im Vergleich zum ursprünglichen Musizieren immer und überall, sogar in freier Natur die Technik, zum Teil im großen Ausmaß. Partner ist die Musikindustrie, das Verkaufen steht mit an erster Stelle, sie ist für die Masse produziert.

zu 4, der Mundart und dem Laienspiel: Wir kämpfen geradezu für den Erhalt unserer Mundart, in der volkstümlichen Musik gibt es jedoch  eine Einheitssprache die keinesfalls Dialekt ist, ja nicht sein kann, weil sie von Allen verstanden werden muß. Fremdwörter,  gegen die in Unterschriftensammlungen vom Gauverband aufgerufen wird, sind in dieser Einheitssprache keine Seltenheit.

 

             II. Ein weiterer Einleitungssatz aus  der Satzung des Gauverbandes 1, § 2

Zweck und Aufgaben. Hier heißt es u.a.:

Die Aufgaben des Gauverbandes 1 umfassen im Besonderen die Erhaltung und Pflege der bodenständigen Gebirgs- und Volkstrachten (1), einschließlich traditioneller Vereinstrachten, sowie deren Verbreitung maßgeblich zu fördern.
Vergleicht man diesen Satz  mit dem Erscheinungsbild der volktümlichen Musikanten, so kann man folgendes bemerken:
Mitwirkende bei volkstümlichen Veranstaltungen tragen oft ein Gewand, das von uns als Landhausmode bezeichnet und kritisiert wird, es wird meist nur auf der Bühne angezogen, sonst nie, es ist Effekt zum Bühnenauftritt.

 

    III. Allgemeine Bemerkungen

Allgemein gilt noch folgendes:

Die Mitwirkung bei volkstümlichen Veranstaltungen vermittelt den Eindruck, daß die Stars dieser Musik “die Bayern” sind.
Die Sendungen werden durch das Mitwirken einer Plattlergruppe noch aufgewertet, d.h., man erklärt sich mit der Art der Darbietung und all dem oben Genannten einverstanden.
Außerdem sollte man nicht bei volkstümlichen oder anderen Veranstaltungen  mitwirken, bei denen kein Einfluß auf die Gesamtveranstaltung mehr besteht.
Bitte beachtet auch folgende Sätze über das Bayerntum und die Bayerntümelei von Annette Thoma:
“Das verkörperte Bayerntum macht nicht viel Worte. Doch äußert es sich in einer hör- und sichtbaren Lebensbejahung, im bunten Aufleuchten seiner Feste, im erfindungsreichen Scherz und Spiel wie in der glaubhaften Frömmigkeit seines Kults. Daß seine schöne Tracht, seine Lieder, Spiele und Tänze auch das Gefallen von Nichtbayern erregen, nimmt nicht wunder, denn in ihrer Anmut, ihrer Ausdruckskraft offenbart sich das sichere Gefühl des Festgewurzelten - eben bestes Bayerntum.
     Bayerntümelei hat mit diesem Bayerntum so wenig gemein, wie die übervölkerten Fremdenverkehrsorte im Alpenbereich und seinem Vorland mit einem weltfernen Hinterried oder Brunnbichl. Bayerntümelei ist Mißbrauch, Verzerrung überkommenen Brauchtums, eine oft unkontrollierte Würdelosigkeit, das Verkaufen der Urwüchsigkeit an Fremde, das Feilbieten echt bayrisch auffrisierter Stammeseigenart, einzig um andere zu amüsieren und damit Geld und Beifall zu ernten. Maskiert als Original Chiemgauer, Lustige Schlierseer, Oberlandler oder Zillertaler, ohne überhaupt dort Zuhause zu sein, ziehen sie Bayrische Abende für Fremde auf. Neben unechten Liedern und Weisen zeigen sie die Schlagkraft unserer kraftstrotzenden, schneidigen Gebirgler, falls nicht die Schnulzen einer Jodlerkönigin den Abend krönen.
Leider sind es oft die eigenen Landsleute, die lauteren Beifall spenden als Nichtbayern, von denen schon mancher die Einheimischen durch seine Ablehnung dieses Pseudobayrischen beschämte”.
Schließen möchte ich mit folgenden Worten des Kiem Pauli
“Glück und Zufriedenheit eines Volkes beruhen auf seiner Kultur, an der es festhalten muß, wenn es nicht der seelenlosen Gleichmacherei anheimfallen will. Alle Erfindungen nützen nichts, wenn die Menschheit dabei das Herz verliert und die ganze Weisheit nur mehr ein kaltes Dasein bietet. Wir brauchen Wärme zum Leben.
Was gesund ist an der neuen Zeit, dem wollen wir uns nicht verschließen, aber das Herz darf es nicht kosten”.
Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen und obwohl die Masse, die nur Sensation und Attraktion sucht, sowie Altbayern, die ihr Bayerntum für Bayerntümelei drangeben nie ganz aussterben werden,  wünsche ich mir, daß durch meine Zeilen manch einem ein Denkanstoß gegeben wird.

Hansl Auer, Gaumusikwart Gauverband 1