Vom Auftanz bis zum Zwiefachen Der Volkstanz in Bayern war früher mit dem Brauchtum (z. B. Schwertertanz) sowie mit Berufs- und Ständegruppen (z. B.
Schäfflertanz, Webertanz) verbunden. Einflüsse auf den Abwechslungsreichtum übten u. a. das Militär (z. B. Marschierpolka), Fremdarbeiter (z. B. Italiener), Erntehelfer aus dem Osten (z. B. Mazurka), fahrende
Händler, deutschsprachige Ansiedlungen in anderen Ländern wie Böhmen oder Galizien, Schiffsleute (z. B. Rheinländer) sowie die höfische Gesellschaft (z. B. Francaise) aus. Mit dem Einzug der Modetänze –
besonders nach den beiden Weltkriegen – verlor der bodenständige Volkstanz zunehmend an Bedeutung. Besonnene Leute jedoch nahmen sich der Pflege und Förderung der Volkstänze an. Zu ihnen zählen vor allem Erna
Schützenberger, die bereits um 1930 als eine der Ersten die bodenständigen Tänze aufzeichnete und zusammen mit Prof. Derschmidt die fünfbändige Reihe „Spinnradl – Unser Tanzbuch“ mit überlieferten Tänzen
veröffentlichte und Georg von Kaufmann, Forstmann und begeisterter Tanzmeister der oberbayerischen Volkstänze. Neben den Rundtanzformen wie Landler, Polka oder Dreher förderten sie besonders die überlieferten
Figurentänze, die sich durch einfache Formen und Melodien auszeichnen. Rund- und Figurentänze sprechen alle Altersgruppen und Berufsschichten an und sind durch den Begriff „Volkstanz“ bestens umschrieben. Die
Pflege der Volkstänze erfolgte zunächst durch die Volkstanzkreise, bei denen es sich um Gleichgesinnte handelte, die Freude am Volkstanz gefunden hatten. Die Trachtenvereine dagegen nutzten zunächst Plattler und
Trachtentänze als Mittel der Selbstdarstellung.
Erst in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts konnte vor allem Georg von Kaufmann durch zahlreiche Volkstanzkurse und Tanzfeste die Freude am Volkstanz in
den Trachtenvereinen verstärken. Viele Trachtenvereine veranstalten bereits seit Jahren Volkstanzabende, Trachtenbälle, Mai-, Kirchweih- und Kathreintänze als Ausdruck echter Brauchtumspflege.
In dieser Dokumentation sind Tanzbeschreibungen und Bilder von Volkstänzen zusammengestellt, die heute auf den Tanzböden im südöstlichen Oberbayern am
geläufigsten sind. Auch einige Liedtexte dazu sind aufgeführt. Das Notenmaterial folgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Die Tanzfolge wurde im Laufe der Jahre immer abwechslungsreicher, da auch Formen aus anderen Regionen übernommen wurden. In bestimmten Gebieten können
weitere oder andere Figuren gebräuchlich sein als hier angegeben. Beschreibungen von Rundtänzen wie Polka, Schottisch, Walzer oder Dreher sind nicht gesondert aufgeführt, bilden aber häufig Bestandteile der
Figurentänze.
Diese Übersicht, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, wurde um die "Francaise", um Tonbeispiele, Tanzspiele und um Dreiertänze
erweitert. Zu den verwendeten Quellen zählen die „Chiemgauer Tänze“ von Georg von Kaufmann, die fünfbändige Heftreihe „Spinnradl – Unser
Tanzbuch“ von Erna Schützenberger/Hermann Derschmidt, das Heft „Volkstanz in Salzburg“ der Salzburger Landesarbeitsgemeinschaft für Volkstanz sowie Texte und Beschreibungen zur „Münchner
Francaise“. Die angegebenen Tonträger-Aufnahmen mit Volkstänzen runden diese Zusammenstellung ab und sind im Musikfachhandel erhältlich.
Tonbeispiele entnommen mir freundlicher Genehmigung von Sigi Ramstötter. Vervollständigung der Hörbeispiele im März 2012
Hildegard Kallmaier Volkstanzwartin im Gauverband I
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