Gauverband 1
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Chronik

Der Gauverband 1 der oberbayerischen Gebirgstracht-Erhaltungsvereine e.V.

,,Bewahren treu und echt, der Väter fromme Sitt, des Landes heilig Recht!”
So steht es auf der ersten Seite der Gauchronik.

Heimat ist überall, dazu bedarf es keiner Berge. Und auch die Heimattracht wird überall dort sein, wo sich heimatverbundene Menschen ihrer annehmen. Was blühen soll, gehört gepflegt. Gewiß gehören fernab von noch intakten Trachtengebieten, wo Tracht zum öffentlichen Leben gehört, mehr Idealismus und Selbstbewußtsein dazu, die Tracht auch ausserhalb des Vereins zu tragen, beispielsweise beim sonntäglichen Kirchgang oder bei sonstigen Gelegenheiten. Doch sollte dies selbstverständlich sein, denn die Tracht ist das äußere Zeichen der inneren Einstellung ihres Trägers.

Vom Mittelalter bis zum 17. und 18. Jahrhundert konnte sich in Bayern nicht jeder kleiden, wie er wollte. Er mußte ,,standesgemäß” daherkommen, das heißt, auch äußerlich dem Bürgerstand, dem Bauernstand oder anderen zuzuordnen sein. Dann kam die Zeit, die in wenigen Jahrzehnten umschmiß‘ was in Jahrhunderten gewachsen war. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das altbayerische Wesen in Baukultur und handwerklicher Kunst, in Literatur und Musik verändert, bis hin zu Technik und Kitsch. Auch viele Trachten tat man als unmodern ab; sie erschienen nicht mehr zeitgemäß. Bauernmöbel und Hausrat verschwanden beim Händler, modische Kleidung kehrte auf den Bauernhöfen ein.

In dieser Zeit geschahen zwei Dinge, die für die Trachtenerhaltung von Bedeutung waren. Die erste Maßnahme ging vom Volke aus, es war gewissermaßen eine Bürgerinitiative. 1883 gründete der Schullehrer Josef Vogl in Bayrischzell einen Verein mit dem Ziel, ,,dem Zeitgeist Schranken zu setzen und gleichzeitig Tracht, Sitte und Brauchtum der Altvorderen zu pflegen und der Nachwelt zu erhalten”. Gleichlaufend erfolgte eine Aktion von oben , in dem König Ludwig II, 1886 an alle Bezirksämter die Aufforderung erließ, in den Gebirgsgemeinden die Gründung von Gebirgstracht-Erhaltungsvereinen anzustreben, ,,damit die schöne Gebirgstracht und die alten Tänze, besonders die Schuhplattlertänze, erhalten bleiben und in diesen Vereinen Kameradschaft, Heimat- und Vaterlandsliebe gepflegt werden”.

Bereits am 1. Juni 189o kam es in Rosenheim zur Gründung des ersten Gauverbandes, heute ,,Gauverband 1” mit Sitz in Traunstein. Der ,,Moosmüller” Franz Xaver Huber aus Feilnbach, der später mit dem Ehrennamen ,,Vater der Trachtensache” benannt worden ist, führte als erster mit großem Geschick diesen Verband. Mit Reichsrat Theodor von Cramer-Klett auf Hohenaschau, konnte er 1902 einen großen Förderer der Trachtensache als Protektor des Gauverbandes 1 gewinnen. Im jetzigen Gaubereich sind die ältesten Trachtenvereine ,,D‘Jenbachtaler” Feilnbach (1884), Rosenheim 1 Stamm (1889), ,,D´Sulzbergler” Litzldorf (1890), ,,Edelweiß” Bad Endorf (1891), ,,Alpinia” Salzburg (1891), ,,Trauntal”Traunstein (1892), ,,D‘Isarwinkler” Bad Tölz (1893), ,,Immergrün” Kolbermoor (1893), “D‘ Miesenbacher” Ruhpolding (1893), ,,Simssee Süd” Stephanskirchen (1893), Heutau (1894), Siegsdorf (1894), Bergen (1895), ,,HochriesSamerberg” Grainbach (1896), ,,D‘Gamskofler” Nürnberg (1897), ,,D‘ Untersberger-Stamm” Berchtesgaden( 1898), ,,Almenrausch” Roßholzen (1898) und ,,D‘Mangfalltaler” Westerham (1899). Dies mag als Beweis gelten, wie schnell sich die Idee der Trachtenvereine Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete. Dabei blieb die organisierte Trachten bewegung keineswegs auf die Berggebiete beschränkt, sondern griff landesweit um sich.

Am ersten Gaufest 1891 in Feilnbach nahmen 15 Trachtenvereine teil. 1899 gehörten dem Gau bereits 43 Trachtenvereine an. 19o6 waren es 61 Vereine. Heute zählt der Gau 119 Vereine mit 4o367 Mitgliedern.

Im Laufe der Zeit trennten sich einige Gauverbände ab: 1899 der Oberlandler Gau, 1903 der Inngau, 1926 der Chiemgau-Alpenverband. Im Gegensatz dazu wurde aber damals schon an einem Zusammenschluß auf bayerischer Ebene gedacht. Auf Initiative des Gauverbandes 1 gründeten sich 1925 die ,,Vereinigten bayerischen Trachtenverbände”, heute Bayerischer Trachtenverband, deren Vorsitzende lange Zeit vom Gauverband 1 gestellt wurden; 1925 bis 1945 Thomas Bacher aus Westerham, 1947 bis 1965 Dr. Conrad Adlmaier aus Traunstein, während Paul Gambs aus Inzell von 1968 bis 1979 Schriftführer und Max Reitner aus Vagen seit 1982 als Kassier im Vorstand dieses bayerischen Verbandes tätig ist.

Den Gauverband 1 führten von 1890 bis 1909 Franz Xaver Huber, (Feilnbach), 1910 Josef Buchner (Bad Tölz), 1911 bis 1918 August Jüngling (Bergen), 1919 bis 1945 Thomas Bacher (Westerham), 1946 bis 1966 Dr. Conrad Adlmaier, 1966 bis 1981 Paul Gambs (Inzell), 1981 bis 1998 Max Reitner (VagenWesterham). Der jetzige Gauvorstand ist Peter Eicher aus Weißbach. Max Reitner wurde für die Verdienste seiner 32jährigen Tätigkeit an der Spitze des großen Trachtenverbandes vom Gauverband 1 zum Gauehrenvorstand ernannt.

Drei ausserhalb des Gaugebiets liegende Vereine, ,,Alpinia” Salzburg, ,,D” Gamskofler” Nürnberg und ,,D‘Saalachtaler” Unken, gehören dem Gauverband an, ebenso die Brauchtumsverbände ,,Vereinigte Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes” und die ,,Schnalzervereinigung des Rupertiwinkels”.

1993 wurde eine neue Satzung beschlossen, in der ausführlich der Zweck und die Aufgaben des Gauverbandes und das Gauleben festgelegt sind. Im Grundsatz kann man davon ausgehen, daß die eigentliche Trachtenarbeit in den einzelnen Vereinen und in diesen wiederum von den Mitgliedern geleistet wird. Dem Gau obliegen die Vertretung nach außen, grundsätzliche Stellungnahmen zu Fragen von Tracht und Brauchtum, Verhandlungen mit den bayerischen Behörden und der GEMA und seit 1965 die Verteilung und Abwicklung des Staatszuschusses zur Trachtenpflege. Doch auch einige Veranstaltungen führt der Gauverband durch. Die größte davon ist das alljährliche Gaufest. Veranstalter ist der Gau, die Durchführung übernimmt ein Mitgliedsverein, der der Unterstützung des ganzen Ortes und der Gemeinde bedarf. Während der Gaufestort immer wechselt, bleibt die seit 1951 stattfindende Gautrachtenwallfahrt nach ,,Maria Eck” dem Heiligtum im Chiemgau, ortsgebunden. Ein Zeichen der Zusammengehörigkeit ist auch die Gaustandarte, die 1967 in Ruhpolding geweiht wurde. Schließlich veranstaltet der Gau jährlich Preisplattln für Gruppen, Aktive und Jugend sowie Dirndldrahn und seit 1985 alle fünf Jahre einen ,,Jugendtag”. Zur Förderung von Volkslied und Volksmusik werden fachliche Fortbildungen angeboten und Gauveranstaltungen durchgeführt. Dazu gehören auch die verschiedenen Gebietsveranstaltungen, weil aus organisatorischen Gründen und zur besseren Betreuung der Vereine hierzu acht Gebietsvertreter bestellt sind. Zur Entlastung des Gauvorplattlers sind 1995 ein Gauvolkstanzwart und ein Schiedsrichterobmann (Gaupreisplattln und Dirndldrahn) eingesetzt worden. Zur Beratung der Vereine und zur Durchführung von Nähkursen und Fachgesprächen wurde 1996 das Sachgebiet ,,Trachtenpflege und Trachtenforschung” eingeführt.

Die Vereinsjugendgruppen bilden die ,,Gaujugend”. Die Verwaltungsaufgaben, welche die Gaujugend betreffen, die Vereinsjugend in ihrer Tätigkeit zu beraten und zu unterstützen, obliegt dem Gaujugendvertreter, der auch Mitglied des Gauausschusses ist.

Seit 1966 ehrt der Gauverband verdiente Trachtenträger mit dem ,,goldenen Gauehrenzeichen”, was eine Jahrelang dauernde Mitarbeit im Trachtenverein voraussetzt.

Zum hundertjährigen Jubiläum wurde ein Gauchronikbuch geschaffen, das den Titel ,,Trachtenheimat Gauverband 1” trägt. Dieser geschichtliche Beitrag zur Heimat- und Trachtenpflege der oberbayerischen Gebirgstracht-Erhaltungsvereine umfaßt 640 Seiten und enthält zahlreiche schwarzweiß Fotos und über 350 Farbbilder, eingeschlossen auch die Kurzchroniken der Mitgliedsvereine. Die Existenz der bäuerlichen Landwirtschaft ist auch ein wichtiges Anliegen der Trachtensache. Brauchtum und die kulturelle Vielfalt auf dem Lande haben ihre Wurzeln im Bauerntum. Ohne die bäuerliche Landwirtschaft sind die Bemühungen der Trachtenvereine ohne Bezug zu ihrem Ursprung. Deshalb sind die Überlebenssorgen gerade der bäuerlichen Familienbetriebe auch die Sorgen von uns Trachtlern und Anliegen der ganzen Trachtensache. Die Zerstörung der bäuerlichen Landwirtschaft führt auch zu einer Zerstörung der Heimat. Es ist deshalb eine gesellschaftspolitische Aufgabe, den bäuerlichen Berufsstand in seiner Existenz zu erhalten und eine Pflicht politisch tätig zu werden, wenn Strukturen und Fundamente zerstört werden, auf die unsere Kultur und Gesellschaft aufgebaut sind.

Die Ideale des Trachtenwesens sind Bausteine für eine lebendige Zukunft. Die Mißachtung überlieferter Werte ist kein Fortschritt, sondern ist fortschreitender Verfall unserer Kultur.

Mit dem alljährlichen Gaufest wollen wir das Fenster des Hauses ,,Trachtensache” öffnen, unsere Trachten in ihrer Schönheit, Buntheit und Vielfalt darstellen und sichtbar machen, daß die Tracht lebt und die Jugend eingebunden ist in diese Verantwortung. Gleichzeitig aber auch darauf hinweisen, daß wir mit Klischees zu kämpfen haben, die den Inhalten unseres Trachtenwesens keineswegs gerecht werden. Dieses Bild in der Offentlichkeit zu revidieren, gehört auch zu den Aufgaben unseres Verbandes und ist Sinn unserer Veranstaltungen und Feste.

Es ist in der heutigen Zeit immer wichtiger, daß wir unseren Kindern und Jugendlichen mit der Einbindung in die Brauchtumsarbeit einen zusätzlichen halt geben. Wir stellen uns dieser Aufgabe durch eine gut organisierte Jugendarbeit und mit einer sinnvollen Freizeitgestaltung und sind vertrauenswürdige Ansprechpartner ausserhalb der Familie. Beim großen Jugendtag heuer am o4. Juni 2ooo in Bad Reichenhall werden über 3ooo Kinder und Jugendliche aus unseren Vereinen und mehrere Jugendblaskapellen teilnehmen.

Zum dritten Mal fand 1998, nach 1912 und 1961 in Salzburg, -im Salzburger Land - in Unken  statt. Es waren Salzburger, die um 1880 damals am Aufbau des bayerischen und österreichischen Trachtenwesens mitgewirkt haben. Dem Gauverband 1 haben in der Anfangszeit 15 salzburgische und andere österreichische Trachtenvereine angehört, wie natürlich auch Vereine aus anderen deutschen Bereichen. Und von jeher wird von den ,,Aperschnalzergruppen” des Rupertiwinkels und dem salzburgischen Flachgau ein alle Jahre stattfindendes ,, Rupertigau-Preisschnalzen” durchgeführt. Wir können miteinander schon ein bisserl stolz sein, daß trotz aller politischen und staatlichen Veränderungen in diesen jetzt schon 110 Jahren, im heimat-kulturellen Bereich, die Kameradschaft und Nachbarschaft zwischen Bayern und Salzburg nicht abgerissen ist. Dies war mit ein Anlaß, daß 1988 beim Bundestrachtenfest in Innsbruck und bei der Jahrestagung in Immenstadt, die damaligen Vorsitzenden, Ferdinand Sams vom Bund der Osterreichischen Trachten- und Heimatverbande und Hans Zapf vom Bayerischen Trachtenverband, Partnerschaftsurkunden ausgetauscht und im Zeichen der nachbarschaftlichen Verbundenheit die feierliche Verpflichtung übernommen haben, im Geiste der Freiheit und der Heimatliebe, eine partnerschaftliche Verbindung zu halten und den gegenseitigen Austausch auf dem Gebiet der Trachten und Brauchtumspflege zu fördern und zu vertiefen, die Kameradschaft zu festigen und in echter Zusammenarbeit dem Frieden und der Heimat zu dienen. Deswegen auch stand das Gaufest 1998 in Unken unter dem Leitwort ,,Begegnung und Botschaft einer langen und friedlichen Nachbarschaft!”

Die Trachtensache muß eingebettet bleiben in Glaube und Familie. Nur so wird sie die unersetzliche Dimension unseres Lebens, unseres bayrischen Lebens bleiben. Das Trachtenwesen ist eine Kultur der Gegenwart; zeitlos und keinen Modeströmungen verfallen. Eine Vielfalt und Vielgestaltigkeit, als Ausdruck kultureller Eigenpersönlichkeiten kleiner Regionen. Es ist Leben und Lebendigkeit, Tradition und Zukunft gleichermaßen.

Die Tracht hat heute einen hohen Stellenwert. Daß die Tracht in ihrer Vielfalt erhalten blieb, ist ein Verdienst der Trachtenvereine und ihrer Gauverbande. Dies gilt auch für das bodenständige Brauchtum im weltlichen wie im kirchlichen Bereich, das von den Trachtenvereinen gehegt und weitergetragen wurde über die Jahrzehnte hinweg. Die Gemeinschaft in den Trachtenvereinen und im Gauverband 1 bietet dem Einzelnen dafür eine wirkungsvolle Grundlage und ist offen für alle.

,,Treu dem guten alten Brauch” heißt: Gute Werte und Überlieferungen in die Zeit ,,Heute” zu übernehmen und mit den Erkenntnissen der Gegenwart sinnvoll weiter zu entwickeln. heißt nicht, daß wir uns ausschließlich an der Vergangenheit orientieren und unsere trachtlerische Vereinsarbeit nur aus der ,,Konservendose” schöpfen sondern, daß man das behalten und weitertragen soll, was gut ist und auch in unserer Zeit ebenfalls noch wert ist, daß man es tut und die Tracht der Heimat trägt. Genauso selbstverständlich beim Neuen und bei Erneuerungen und sagt: ,,Was guat is, des bhoit‘ des ander laß seitenwärts liegn”. Oder wie es Josef Lettl 198o schon geschrieben hat: ”Laßt am guten Alten uns in Treue halten, aber auf dem neuen Grund, gutes schaffen jede Stund!”
Wünschen wir uns, dass die Begeisterung für Tracht und Brauch erhalten bleibt, als bleibendes, als beharrliches, als wenig wandelbares heimatliches Volksgut, das hineingeboren und verwurzelt bleiben muß in uns - in unserem ganzen Land.

                            Max Reitner